Baukulturwerkstatt kritisiert fehlende Prozessqualität bei Bauvorhaben

Die rund 300 Teilnehmer der Werkstatt der Bundesstiftung Baukultur zu Planungskultur bei Bauvorhaben am 24. Mai sehen zunehmende Probleme für integrierte Planungs- und Bauprozesse. Auch geteilte Verantwortung führt zu Verzögerungen. „Ein ‚Wir sind nicht zuständig’ ist allzu oft die Reaktion“, so Stiftungsvorstand Reiner Nagel.


„Sobald Probleme bei Bauvorhaben auftreten, geht das "Schwarze Peter Spiel" los oder es gibt ein Nicht-wahrhaben-wollen der wahren Konsequenzen durch die Politik“, sagte Nagel weiter. „Die Planungskultur bei Bauvorhaben ist stark verbesserungswürdig und die Ergebnisse der Baukulturwerkstatt sagen eindeutig: Wir brauchen eine sogenannte „Phase Null“, also die Planung der Planung, um Bürger zu beteiligen und gemeinsame Entscheidungen zwischen Bauherren, Planern und ausführendem Gewerbe erfolgreich zum Ziel zu führen. Zusätzlich benötigen wir eine „Phase Zehn“, um das Vorhaben auch im Gebrauch noch verbessern zu können.“ Staatssekretär Gunther Adler , Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und neuer Vorsitzender des Stiftungsrats, betonte in seinem Grußwort die enge Verflechtung zwischen Baukultur und Stadtentwicklung: „Wir müssen miteinander und nicht übereinander reden und ich will Ihnen allen einen intensiven Dialog anbieten. Die Stiftung hat hier noch dicke Bretter zu bohren, um die Akteure zusammenzubringen. Wir werden sie dabei nach Kräften unterstützen“, so Adler.


Rund 300 Teilnehmer diskutierten in der Akademie der Künste am 24. Mai in Berlin die Bedeutung der integralen und klugen Planung. Am Vorabend lud die Stiftung bereits ins schönwetter* café.bar.club am Berliner Mauerpark ein, um sich in lockerer aber stadtpolitisch bedeutender Atmosphäre auf die Werkstatt einzustimmen. Heiner Farwick , Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA), betonte, dass „ein faires, offenes Miteinander von Architekten, Bauherren und Projektsteuerern auf Augenhöhe“ fehle. „Die gemeinsame Kultur zur Entscheidungsfindung ist verloren gegangen“, ergänzte die Wolfsburger Stadtbaurätin Monika Thomas für den Deutschen Städtetag.


Dazu komme aufgrund von ständigen Einsparungen fehlende Fachkompetenz in den Verwaltungen und dass bei Ausschreibungen immer das billigste Angebot genommen werden müsse. „In der Schweiz wird das niedrigste Angebot gestrichen, um Preisdrückerei zulasten der Qualität auszuschließen“, sagte Barbara Ettinger-Brinckmann , Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK). Hier sei die Einflussnahme der Politik gefordert. Bauprozesse hätten sich sogar „grauenhaft“ entwickelt, mit zum Teil widersprüchlichen technischen Regeln und Normen, urteilte der Architekt Volker Staab.


In seinem Grußwort forderte Wilfried Wang , Direktor der Sektion Baukunst der Akademie der Künste, eine Kultur der Nachhaltigkeit als Grundlage jeder Planung. Modell für eine Planungskultur mit maßgeschneiderten Verfahren von Beteiligung und Vergabe war die Stadt Wolfsburg, wo etwa Schulsanierungen nur nach Vorlage eines pädagogischen Konzepts genehmigt werden, Privatinvestoren zu bestimmten Planungszielen verpflichtet werden noch bevor diese einen Grundstückszuschlag erhalten oder Bürgergutachten in die Entscheidungen von Wettbewerbsjuries einfließen. „Bürger sind bei städtebaulichen Planungen die Bauherren“, so Susanne Ritter , Leiterin der Münchner Stadtplanung. So wurde bereits ein Jahr vor dem Wettbewerb zu einem Bebauungsplan für die Bayernkaserne in einer Bürgerwerkstatt über dessen Zielsetzungen diskutiert. Das überraschende Ergebnis: Die Teilnehmer wünschten sich einen städtischen Ort mit einer höheren Bebauungsdichte, als es die Stadt vorgesehen hatte.


Fazit:
1. Wir müssen Regeln und Normen ausmisten, dafür braucht es mehr Verantwortung bei Politk, Planern und Bauherren;
2. Der Bauherr muss fachkompetent vertreten sein, auch in der Verwaltung;
3. Der gesamte Planungsprozess braucht eine „Phase Null“, um die Bürgerbeteiligung einzubinden und eine „Phase Zehn“.
„Wenn sich Mängel im Betrieb ergeben, muss im Sinne einer ständigen Umbaukultur nachgesteuert werden können. Leider wird dieser Prozessbaustein allzu oft ausgeklammert“, sagte Reiner Nagel abschließend. Die Baukulturwerkstätten 2014 zum Stiftungsprogramm „Gebaute Lebensräume der Zukunft: Fokus Stadt“ schließen damit ab und werden 2015 mit dem „Fokus Land“ fortgesetzt.


Mit den Baukulturwerkstätten erarbeitet die Bundesstiftung Baukultur Themenschwerpunkte für den Baukulturbericht, den die Stiftung im Sommer 2014 dem Bundestag vorlegen wird. Die Werkstätten sind eine Partnerveranstaltung mit der Sektion Baukunst der Akademie der Künste in Berlin statt und wurden gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Partner der Werkstatt „Planungskultur & Prozessqualität“ waren der Bund Deutscher Architekten (BDA), die Bundesarchitektenkammer (BAK) der Deutsche Städtetag sowie die Montag Stiftung Urbane Räume. Die Veranstaltung wurde gesponsert durch Eternit, Medienpartner waren Garten+Landschaft, Stadtaspekte und competitionline.

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