Baukulturwerkstatt zum öffentlichen Raum benennt Potentiale

Die zweite Werkstatt der Bundesstiftung Baukultur am 29. März 2014 stellte fest: Der öffentliche Raum ist essentiell für das Wohlbefinden der Menschen in ihren Städten. Die Aufwendungen zur Instandhaltung und Erneuerung bestehender Bauwerke, Infrastrukturen und öffentlicher Räume muss zur Verbesserung der Lebensqualität führen. Die Normenflut kann dabei hinderlich sein und muss genau auf ihre Zukunftstauglichkeit für integrierte Planung geprüft werden.


Rund 300 Teilnehmer diskutierten in der Akademie der Künste am 29. März Fragen zum öffentlichen Raum und der Infrastruktur. Am Vorabend waren bereits 200 Gäste ins Stadtbad Wedding gekommen, um sich an einem Ort, der symbolhaft für Veränderung in der Stadtinfrastruktur und neue kulturelle Freiräume steht, auf die Baukulturwerkstatt einzustimmen. Die Dokumentation der Veranstaltung ist jetzt hier abrufbar.


Eine wachsende Zuwanderung durch Klimaflüchtlinge werde neue Anforderungen an kostengünstigen Wohnraum, eine funktionierende Infrastruktur und flexible Stadträume stellen, und vor allem wird es eine Anforderung an Planer und Ingenieure sein, dies noch stärker integriert zu betrachten, stellte eingangs Engelbert Lütke Daldrup, Geschäftsführer der IBA Thüringen und Staatssekretär für Wohnungsbau in Berlin, heraus.


Energieleitbilder für ein CO2-neutrales Hamburg Wilhelmsburg, die Reparatur der in den 60er Jahren geprägten autogerechten Stadt (Beispiel Pforzheim) oder Wasserschutzmaßnahmen, die den öffentlichen Raum aufwerten in Würzburg: In sieben Projekten wurde ein erster Überblick geschaffen, was der öffentliche Raum in der Realität bedeutet. „Unsere deutsche und europäische Normierungskultur darf nicht dazu führen, dass Innovationen be- oder verhindert werden. Obwohl die durchmischte Stadt von vielen Nutzern und Planern gewünscht ist, droht beispielsweise durch fachbezogene und lebensferne DIN-Normen wie dem Schallschutz eine Verfestigung von Funktionstrennungen, die man eigentlich überwinden wollte“, so Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur.


Ähnliche Prozessbezüge waren Anlass für ein weiteres Werkstattprojekt: „Wenn Sie beim nächsten Wolkenbruch auf die Toilette müssen, sehen Sie das in der Spree gleich wieder; denn die Kanalisation läuft bei Starkregen über und aller Inhalt gleich mit“, erklärte Ralf Steeg das Pilotprojekt „Luritec“. Muss das im 21. Jahrhundert noch sein, gibt es nicht innovative Lösungen für solche Fälle? Auch der Hochwasserschutz war Thema, bei der Flut im Sommer 2013 standen die Pegel so hoch wie seit 500 Jahren nicht mehr und verursachte einen volkswirtschaftlichen Schaden von 12 Mrd. Euro. Am Beispiel der Stadt Würzburg wurde deutlich, dass moderner Hochwasserschutz effektiver ist, städtebaulich sowie bauhistorisch integriert sein kann, gut gestaltet ist und auch aufgrund von Beteiligung keine Klagen der Bürger zur Folge hatte.


Auch der Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Stromverbrauch soll bis 2050 auf ca. 80 Prozent ansteigen und der öffentliche Raum wird durch einen Umbau der gesamten Energieinfrastruktur geprägt sein. Stromtrassen im Gemüsebeet? „Die politische Priorität ist entscheidend für den Erfolg und ein dezentraler Stadtumbau bestes Mittel“, so Ulli Hellweg und Prof. Manfred Hegger, die das IBA Projekt Hamburg-Wilhelmsburg vorstellten.


Der öffentliche Raum und die Infrastruktur stehen am Beginn einer neuen Umbaukultur, so Reiner Nagel: „Entscheidend ist, wie so oft im Leben, was wir aus den bevorstehenden Chancen machen.“ Auf der nächsten Baukulturwerkstatt am 24. Mai 2014 in der Akademie der Künste, Berlin, wird es dann um die Planungskultur gehen: Die Elbphilharmonie in Hamburg, der Stuttgarter Hauptbahnhof und nicht zuletzt der Flughafen BER, diese drei Projekte verdeutlichen die Dringlichkeit, sich mit den Ursachen von Misserfolgen bei Planung und Handlungen auseinanderzusetzen.


Die Werkstatt 2 „Öffentlicher Raum und Infrastruktur“ fand in Kooperation mit der Akademie der Künste statt und wurde gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Partner der zweiten Werkstatt waren der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA), die Bundesingenieurkammer (BINGK), die IBA Thüringen, die Bundesvereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure (BSVI), die IGA Berlin 2017 sowie die Medienpartner Garten + Landschaft und Stadtaspekte.

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