Bundesstiftung stellt Baukulturbericht erstmalig auf der BAU in München vor

Architekten und Ingenieure, Bauwirtschaft und Handwerk treffen sich alle zwei Jahre auf der Messe Bau in München und gehen doch jeweils ihre eigenen Wege: Symptomatisch für das Planen und Bauen in Deutschland. Der Baukulturbericht 2014/15, den die Bundesstiftung auf der Messe präsentierte, zeigt solche und andere Probleme auf und liefert Handlungsempfehlungen für alle Akteure des Planens und Bauens.


Zum ersten Mal präsentierte die Bundesstiftung Baukultur vom 19. bis 24. Januar 2015 den Baukulturbericht 2014/15 auf der Messe BAU in München – als Standpartner des Fachverbands FVHF. Über Tausend Exemplare des gerade erschienenen Baukulturberichts 2014/15 konnten so an das interessierte Publikum übergeben werden – und zwar an höchst unterschiedliche Akteure des Planens und Bauens, die alle Adressaten des Berichts sind: Architekten, Ingenieure und Fachplaner ebenso wie Vertreter aus Politik und Verwaltung, Bauwirtschaft, -industrie und -handwerk.


Dabei präsentierte sich die BAU 2015 selbst als gutes Fallbeispiel für die Baukultur im Sinne eines interdisziplinären Verständnisses von Qualität in Planung und Gestaltung. Denn neben der augenscheinlichen Größe und Relevanz dieser „Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme“ fällt auch die Separierung einzelner Themenbereiche und der entsprechenden Zielgruppen auf: Fachplaner und Handwerker suchen tendenziell die ihrem Tätigkeitsfeld entsprechenden Stände auf. Architekten wiederum findet man dort, wo Gestaltung sichtbar wird, etwa bei den Herstellern von Armaturen, oder den hervorragenden und mit hochkarätigen Vertretern der eigenen Disziplin besetzten Foren und Podien. Ansonsten scheint Architektur, obwohl sie im Titel der Messe auftaucht, eher unsichtbar. Gute Produkte sind noch kein Garant für gute Projekte. Und so werden nur selten gebaute und baukulturell vorbildhafte Beispiele im direkten Zusammenhang mit den eingesetzten Materialien und Konstruktionsweisen oder etwa als Praxisbericht aus der Sicht verschiedener Planer, Ausführender oder Nutzer präsentiert.


Wichtige und hochaktuelle Fragen, die auch der Baukulturbericht aufgreift, wurden durchaus auf zahlreichen Podien diskutiert – etwa eine Baukultur für den Wohnungsbau der Zukunft, die der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Baukultur Reiner Nagel am 19. Januar auf dem Forum von Bauwelt und DBZ umriss. Die Realität sehe so aus, dass der meiste Wohnraum noch immer in Einfamilienhäusern und zumeist ohne Architekten entstehe. Die Zukunft des Wohnens liege weder im individuellen Smart Home, noch im gerade so angesagten Wohnhochhaus noch in hybrid genutzten Strukturen mit erheblichen wohnfremden Unterhaltungskosten, sondern im „normalen“ städtischen Wohnhaus mit vier bis fünf Etagen. Man müsse aber über weniger Flächenverbrauch pro Kopf nachdenken, zumal Nagel aufgrund steigender Migration nicht mit dem prognostizierten Bevölkerungsrückgang rechne.


Ebenso werde die Stadt der Zukunft kaum anders aussehen als bisher, da sich grundlegende Veränderungen nur langsam und schleichend vollziehen und der Gebäudebestand die große Planungsaufgabe der Zukunft sei. Auf dem Forum des Bundesarbeitskreises Altbauerneuerung am 23. Januar plädierte Nagel daher auch für eine Erweiterung des Begriffs „Altbau“ auf die Nachkriegsmoderne, da diese den überwiegenden Gebäudebestand ausmache. Während hier bisher bei vielen Planern der Impuls nach Neubauten überwogen habe, nehme eine neue Planergeneration diese Bauten an und erziele mit der Arbeit im Bestand funktionale und gestalterische Verbesserungen. Auch hierzu wünsche er sich auf der BAU mehr Beispiele, Bilder und Modelle aber auch interdisziplinäre Diskussionen, so Reiner Nagel.


Die Lebensräume der Zukunft innerhalb bestehender Strukturen sind das große Thema der Bundesstiftung Baukultur. Bezogen auf die Bereiche „Gemischte Quartiere“, „Öffentlicher Raum und Infrastruktur“ sowie „Planungskultur und Prozessqualität“ zeigt der Baukulturbericht 2014/15 aktuelle Probleme auf, liefert positive Fallbeispiele und gibt konkrete Handlungsempfehlungen, nicht zuletzt auch dazu, wie die im Planungs- und Bauprozess noch vorherrschende Separierung der Disziplinen und Akteure überwunden werden kann. Die Messe BAU bietet mit ihrer großen Zielgruppe und deren gemeinsamem Interesse an gutem Planen, Bauen und Gestalten ideale Voraussetzungen, hat aber als Plattform für Baukultur oder gar als Baukulturmesse noch großes Potential.
 

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