Debatte über die Stadtgestaltung und das Berufsbild definiert gemeinsame Ziele

Profilierte Fachleute aus dem In- und Ausland führten am 26. Januar 2015 in Berlin eine konzentrierte Debatte über die Qualität von Stadtgestaltung und die aktuelle und zukünftige Ausrichtung des Berufsbildes. Mit dem Anspruch, die verschiedenen Positionen zu differenzieren und diese Debatte zielgerichtet zu führen, hatten die Bundesstiftung Baukultur gemeinsam mit der Landesinitiative StadtBauKultur NRW, dem Deutschen Architekturzentrum (DAZ) und der Bauwelt bundesweit ausgewiesene Experten aus Planungspraxis, Verwaltung, Hochschulen sowie internationale Impulsgeber in das DAZ in Berlin eingeladen. 

Anlass war eine lebhafte Debatte, die aktuell in Fachkreisen um die Qualität des deutschen Städtebaus und die Ausbildung an unseren Hochschulen geführt wird. Ausgehend von der „Kölner Erklärung“, dem „100 % Stadt-Papier“ und weiteren Statements (Augsburger Erklärung des DAI, 5. Hochschultag, Erfurter Erklärung von Studenten) geht es im Kern um die Fragen: Woher kommt die Gestaltungsarmut unserer gebauten Lebensräume? Vermittelt die städtebauliche Ausbildung noch angemessene Grundlagen? Wie steht es um die Gestaltungskompetenzen in Planung und Verwaltung?


Unter der Moderation von Reiner Nagel (Bundesstiftung Baukultur), Tim Rieniets (StadtBauKultur NRW), Kaye Geipel (Bauwelt) und Matthias Böttger (DAZ) wurde in vier Panels erörtert, wie die aktuelle Situation zu beurteilen ist, welche Ursachen hierfür verantwortlich sind und an welchen Schrauben in Ausbildung, Planung und Verwaltung zu drehen sei, um Innovation zu fördern, Prozesse zu optimieren und zu mehr Qualität im Städtebau zu gelangen.


Mehr Auseinandersetzung zwischen den Fachrichtungen
Im ersten Panel diskutierten Vanessa Miriam Carlow (TU Braunschweig, COBE), Christoph Mäckler (Christoph Mäckler Architekten) und Matthias Sauerbuch (Sauerbruch Hutton) mit Reiner Nagel über Schwerpunkte und Defizite der Ausbildung, planerische Kernkompetenzen, die Bedeutung interdisziplinären Arbeitens und die Rolle und Reichweite des Architekten im Planungsteam und -prozess.


Die richtigen Instrumente für die unterschiedlichen Aufgaben
Im zweiten Panel mit Wolfgang Sonne (TU Dortmund), Markus Allmann (Allmann Sattler Wappner Architekten) und Kristiaan Borret („Bouwmeester“ in Brüssel), der Beispiele aus Brüssel und Antwerpen lieferte, moderiert von Kaye Geipel, wurde die Frage nach den Instrumenten diskutiert, mit denen die künftige Stadt gestaltet werden kann.


Positionierung der kommunalen Planung
Frauke Burgdorff (Montag Stiftung Urbane Räume), Jörn Walter (Oberbaudirektor der Freien und Hansestadt Hamburg) und Hartwig Schultheiß (Stadtdirektor in Münster) stellten, moderiert von Tim Rieniets, die Rolle der Verwaltung im Planungsprozess heraus.


Lehre und Wissensvermittlung für das Berufsbild
Abschließend lieferten Franz Pesch (Universität Stuttgart), Julian Wékel (TU Darmstadt) und Sophie Wolfrum (TU München) im Gespräch mit Matthias Böttger ihre Erfahrungswerte für die Diskussion über Defizite und Chancen der städtebaulichen Ausbildung.


Als Ergebnis wurden folgende Empfehlungen herausgearbeitet:


Planung

  • Es braucht interdisziplinäre Kooperationen unter fachlich qualifizierten Spezialisten.
  • Architekten, Städtebauer oder Landschaftsarchitekten müssen mit ihrer Gestaltungskompetenz die Verantwortung für die Ergebnisumsetzung in gebaute Lebensräume übernehmen.
  • Insofern sind sie Hauptakteure im Prozess.

Planungsverwaltung

  • Ziel muss es sein, mehr städtebauliche Kompetenz in die Planungsämter zu bringen, über eine praxisbezogenere Ausbildung und eine Verstärkung der zuletzt massiv abgebauten Personalressourcen.
  • Bau- und Gestaltungsberatung ist eine öffentliche Aufgabe und muss administrativ abgebildet werden.
  • Auch eine Anpassung der Regularien in Bau- und Umweltgesetzen auf die aktuellen Bedingungen der Produktion von Stadt ist erforderlich.

Ausbildung

  • Hochschulen sollten ihre Studierenden befähigen, städtebauliche Werte zu erkennen, eigene Haltungen einzunehmen und in reflektierte und qualifizierte Gestaltung umzusetzen.
  • ​Es sollten mehr Lehr- und Lernangebote für Städtebau geschaffen werden, besonders durch interdisziplinäre Projektarbeit und Möglichkeiten der praxisorientierten Anwendung (z.B. Hospitanzen in Planungsämtern).

Außerdem sei eine wesentliche Grundlage für mehr Qualität im Städtebau, das Vorhandensein baukultureller Bildung und Städtebau als Querschnittsthema an Schulen und Hochschulen zu vermitteln.
Die Bundesstiftung Baukultur nimmt die Impulse der Berliner Diskussion auf für ihre Arbeiten zum Thema Baukultur in Stadt und Land und die hierzu geplanten Baukulturwerkstätten am 24. und 25. April in Kassel, am 9. und 10. Juli in Regensburg sowie am 10. und 11. September in Frankfurt am Main. Weitere Informationen finden Sie hier.
Die StadtBauwelt 12/2015, die am 27. März 2015 erscheint, widmet sich ebenfalls dieser Debatte und liefert einen ausführlichen Bericht der Veranstaltung.

Fotos: Bitte nennen Sie im Falle der Veröffentlichung des Bildmaterials: atelier SCHNEPP RENOU

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