Jetzt ist die Politik am Zug! Der Baukulturbericht im Bundestag

Premiere im Bundestagsausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bauen und Reaktorsicherheit: Erstmals präsentierte die Bundesstiftung Baukultur ihren Baukulturbericht 2014/15 im zuständigen Ausschuss und erhielt große Zustimmung aus allen Fraktionen. Jetzt gilt es, die Handlungsempfehlungen aus dem Bericht in Bundespolitik umzusetzen.


Im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs besprach am 25. März 2015 der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bauen und Reaktorsicherheit den Baukulturbericht 2014/15. Zum ersten Mal konnte die Bundesstiftung Baukultur damit direkt ihre Bestandsaufnahme des Planens und Bauens in Deutschland mit den daraus resultierenden Handlungsempfehlungen in die Bundespolitik einbringen. Im Bewusstsein dieser besonderen Situation umriss der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Reiner Nagel die Grundgedanken des Baukulturberichts mit seinen Schwerpunktthemen „Wohnen in gemischten Quartieren“, „Infrastruktur und öffentliche Räume“ sowie „Planungskultur und Prozessqualität“ und fasste die wichtigsten Empfehlungen zusammen.


So sollten sowohl die Vergabe öffentlicher Grundstücke als auch Fördergelder zukünftig stärker an baukulturelle Kriterien gebunden sein , um die Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand zu stärken. Das Planungswesen an sich benötige mehr Spielräume für Experimente und Innovationen sowie für eine besser ausgestattete Vorbereitungsphase, die sich gerade im Hinblick auf Termin- und Kostenprobleme bei Großprojekten im Endeffekt auszahlen werde. Diese vorbereitende „Phase Null“ solle auch den vermehrten Einsatz von Gestaltungsbeiräten ebenso wie mutigere Verfahren der Bürgerbeteiligung enthalten, die Nagel z.B. für die anstehende Entwicklung des Berliner Kulturforums anregte.


Als kommende Hauptaufgaben für Planer identifizierte Reiner Nagel Bestandsentwicklung und Umbauten, denn die Stadt der Zukunft liege bereits vor uns . Das gelte auch für Infrastrukturmaßnahmen, denn auch Brückensanierungen oder Lärmschutzwände seien als Gestaltungsaufgabe zu begreifen, wobei Nagel u.a. an die Deutsche Bahn appellierte, eine Vorbildfunktion als Bauherr wahrzunehmen .
Für kostengünstiges Wohnen sei ein ausgewogenes Verhältnis von Subjekt- und Objektförderung erforderlich. Keinesfalls dürfe nur das Geldausgeben verwaltet werden. Beim Bau neuer Wohnungen müsse neben Quantität auch Qualität eine größere Rolle spielen. Dabei dürfe auch ein intelligenter Systembau aus vorgefertigten Elementen kein Tabu sein, um schnell auf große Nachfragen reagieren zu können. Neue Großwohnsiedlungen sehe Nagel aber nicht entstehen.


Während der Abgeordnete Volkmar Vogel (CDU) die „praktischen und tiefgründig analysierten“ Empfehlungen des Baukulturberichts lobte und die Rolle der Bundesstiftung „als Bündelungsinstrument aller Interessen“ herausstellte, hob Ulrich Hampel (SPD) die „guten Handlungsmöglichkeiten für politische Debatten“ hervor, die der Bericht liefere. Beide riefen aber auch zu mehr Unterstützung der Bundesstiftung Baukultur, z.B. durch eine Mitgliedschaft in ihrem Förderverein auf – eine Forderung, der sich Heidrun Bluhm (Die Linke) anschloss. Bluhm betonte jedoch, die Bundesstiftung Baukultur dürfe nicht als „Feigenblatt“ betrachtet werden, um sich eigener Verantwortung zu entziehen. Die Handlungsempfehlungen sollten angenommen und in die Wahlkreise getragen werden. Ähnlich äußerte sich Christian Kühn (Bündnis 90/Die Grünen), der eine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung bislang vermisse. Der Baukulturbericht dürfe nicht im Bücherregal verschwinden , sondern müsse zu konkreten Entschlüssen führen. Insbesondere im Hinblick auf die Liegenschaftspolitik des Bundes und die vermehrte Durchführung offener Wettbewerbe sollten bald Taten folgen.


Zum Abschluss unterstrich Staatssekretär Florian Pronold (SPD) die große Bedeutung des Baukulturberichts, die durch die Behandlung im Bundeskabinett deutlich geworden sei. Auch Reiner Nagel begrüßte die zunehmende Wertschätzung durch die Bundespolitik, die sich etwa durch die aufgestockte Finanzierung des Bundes von 1,3 auf 1,4 Millionen Euro jährlich ausdrücke. Dennoch könne die Bundesstiftung Baukultur angesichts ihrer geringen Größe nur als Ideengeber fungieren. Die Umsetzung der Empfehlungen liege jetzt bei der Politik – und sie werde sich lohnen, denn der Baukulturbericht habe die große Bedeutung des Planens und Bauens für die deutsche Volkswirtschaft und für die Bevölkerung herausgestellt. Als Themen von allgemeinem Interesse böten Wohnen, öffentliche Räume und Beteiligung viel Potenzial für die öffentliche Meinungsbildung.

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