Stadtspaziergang in Hamburg und bundesweite Kunstaktionen liefern Denkanstöße

Die Bundesstiftung Baukultur setzt mit ihrem Konvent der Baukultur 2012 am 17. und 18. Juni ein Zeichen für stadtverträgliche Verkehrsplanung. Unter dem Motto STATTVERKEHRSTADT nehmen rund 350 Teilnehmer auf dialogischen Spaziergängen die Gestaltung öffentlicher Räume im Hamburger Münzviertel und in St. Georg unter die Lupe. Start ist Sonntag, der 17. Juni, um 12 Uhr am Meßberg 4. Parallel findet an der Langen Reihe die Kunstaktion „Die Sonntagspolitessen“ statt. Hier wird rücksichtsvolles Verhalten belohnt statt mit Knöllchen geahndet.


„Hamburg bietet uns die Möglichkeit, exemplarisch zu zeigen, was in der deutschen Verkehrsplanung gut und schlecht läuft“, erklärt Michael Braum, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur. „Rund um den Hauptbahnhof sieht man, wie den Ansprüchen von Bahn, Fahrrad und Auto genügt werden muss. Noch dominiert der Autoverkehr das Stadtbild – es wird Zeit, dass die Verkehrsplanung in Deutschland die Weichen für mehr Baukultur stellt.“


Die Bundesstiftung veranstaltet alle zwei Jahre den Konvent der Baukultur, auf dem rund 350 führende Architekten, Planer, Ingenieure und Politiker zusammenkommen. In diesem Jahr sind darunter Volkwin Marg, Werner Sobek und Kees Christiaanse. Der Konvent gilt als wichtigste Plattform für Baukultur in Deutschland.


Am Sonntag, den 17. Juni, eröffnet Jutta Blankau, Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und Hansestadt Hamburg den Konvent. Auf zwei Rundgängen durch Hamburg – der baukulTOUR – können die Teilnehmer unter Führung des Spazier-gangsforschers Bertram Weisshaar und des lokalen Baukulturexperten Uwe A. Carstensen die Hansestadt erkunden. Vom Meßberg aus führt die Tour über den Deichtorplatz, Amsinck- und Repsoldstraße, Hansaplatz und die Lange Reihe bis zum Hauptbahnhof und endet schließlich wieder am Meßberg. An zehn Stationen tauschen sich Experten über Herausforderungen wie den Rückbau der autogerechten Stadt, die Gestaltung und Aufwertung öffentlicher Grünflächen, die Schaffung attraktiven Wohnraumes sowie ein harmonischeres Miteinander der Verkehrsträger aus.


Den Abschluss bildet ab 15.45 Uhr am Meßberg 4 eine Podiumsdiskussion moderiert von Vanessa Seifert vom Hamburger Abendblatt mit Amelie Deuflhard, Intendantin von Kampnagel in Hamburg, Staatsrat Michael Sachs von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt in Hamburg, sowie Michael Braum. Im Mittelpunkt stehen dabei zwölf bundesweite Kunstprojekte der AKTION_BAUKULTUR, die an konkreten Beispielen auf Schwachstellen der Verkehrsplanung aufmerksam machen.


Künstler verteilen auf der Langen Reihe Bonus- statt Strafzettel


Unsere Städte sind nicht bloß Kampfarenen für Verkehrsteilnehmer, das ist die Botschaft der Sonntagspolitessen. „Wir möchten Sie belohnen, denn Ihr Verhalten kann die Stadt verändern!“ Damit überraschen siebzehn gutgelaunte Politessen die Autofahrer, Fahrradfahrer und Fußgänger. Am Sonntag, 17. Juni, von 10 bis 17 Uhr verteilen sie zwischen Carl-von-Ossietzky-Platz und Schmilinskystraße Glückskekse, motivierende Sprüche und Bonuszettel. Akteure sind das Scharlatan Theater und osp urbane-landschaften.


Vergleichbare Interventionen finden in Berlin, Bonn, Halle an der Saale, Hannover, Kyritz, Leipzig, München, Offenbach, Schwerin und Wismar statt. Künstler kritisieren dabei lärmige, langweilige oder risikoreiche Verkehrsräume. „Hier gilt die StVO“ – viele so gekennzeichnete Orte werden geregelt, aber nicht gestaltet, lautet die Anklage. In Leipzig verwandelt Stefan Hurtig Straßenbahnhaltestellen mit Gesangseinlagen in Konzerthäuser. „Singers’ Corners“ heißt das Projekt. Ähnlich sorgt auch das „Leitlinienkonzert“ des Künstlerkollektiv_fluz für positive Gefühle in Halle an der Saale.


Städte sollen sich vor allem bemühen, schwächeren Verkehrsteilnehmern mehr Platz einzuräumen – das ist der Appell der „SPACEmaker!“: Studierende der Alanus Hochschule und der RWTH Aachen schieben sich mit rechteckigen Flügeln durch die Bonner Innenstadt und schaffen dabei neue Stadträume. Die „Gehzeugaktion“ in München zeigt, wieviel Raum entsteht ohne das leidige Automobil: 4,3 mal 1,7 Meter für jedes Fahrzeug weniger. Weitere Aktionen hauchen Verkehrsräumen Leben ein. In Wismar tanzen PKWs Ballett, in Berlin bewegt sich ein Zebrastreifen, in Schwerin kommen Absperrbänder künstlerisch zum Einsatz. Durch die brandenburgischen Städte Kyritz und Neustadt an der Dosse rollen merkwürdige rote Kuben. Weitere Projekte sind für Hannover und Leipzig geplant.


Kommt es zum glücklichen Ende bei der Vereinbarkeit von Baukultur und Verkehr? Zumindest der Kuss von „Rose und Jack“ auf einer Fußgängerbrücke in Offenbach lässt vom Untergang der autogerechten Stadt träumen.

 



Bild 1: „Ab in den Untergrund!“ gilt nicht nur am Hamburger Deichtorplatz (© Bundesstiftung Baukultur)
Bild 2: Studenten proben in Alfter für die Kunstaktion SPACEmaker! (© Bundesstiftung Baukultur)
Bild 3: Bühne für „Rose und Jack“: Brückenstupf in Offenbach (© Bundesstiftung Baukultur)

Nach oben